Der Traum von der Selbstständigkeit lockt viele Menschen, auch im Handwerk. Doch oft stellt sich die Frage: Braucht man zwingend einen Meisterbrief, um einen Handwerksbetrieb zu gründen oder zu übernehmen? In diesem Blogbeitrag setzen wir uns mit diesem spannenden Thema auseinander und beleuchten die verschiedenen Aspekte.
Inhalt
Was ist der Meisterbrief im Handwerk?
Der Meisterbrief ist ein traditionelles Zertifikat im Handwerk, das die höchste Qualifikation innerhalb eines Handwerksberufs darstellt. Er wird nach einer erfolgreich abgeschlossenen Meisterprüfung vergeben und bestätigt umfassende Fachkenntnisse sowie unternehmerische Fähigkeiten. Er ist damit für zahlreiche Gewerke Voraussetzung, um einen Handwerksbetrieb selbstständig zu führen und berechtigt zudem, Nachwuchstalente auszubilden. In vielen Fällen sorgt er außerdem für ein besseres Einkommen, jedoch ist der Erhalt mit Kosten und Aufwand verbunden.
Handwerksberufe ohne Meisterpflicht
Bis vor einiger Zeit galt die Pflicht zum Meistertitel für viele Handwerksberufe in Deutschland. Das bedeutete, dass nur Meister die Berechtigung hatten, einen eigenen Handwerksbetrieb zu eröffnen oder zu übernehmen. Doch im Zuge von Reformen wurden einige Handwerke von dieser Regelung befreit. Diese werden nun als zulassungsfreie Handwerke bezeichnet. Diese Befreiung ermöglicht es, auch ohne Meisterbrief in diesen Bereichen selbstständig tätig zu werden.
Zulassungsfreie Handwerke
Für die zulassungsfreien Handwerke und Gewerbe sind keine besonderen Qualifikationsnachweise erforderlich, um sie selbstständig auszuüben. Diese Handwerke sind in der Handwerksordnung in der Anlage B Abschnitt 1 zusammengefasst. In Anlage B2 befinden sich die zulassungsfreien Handwerke, die offiziell nur als handwerksähnlich gelten. Die zulassungspflichtigen Handwerke, für die die Meisterpflicht gilt, werden in Anlage A aufgeführt. Die folgenden Gewerke aus der Anlage B können somit ohne Meister in die Selbstständigkeit überführt werden:
- Uhrmacher
- Graveure
- Metallbildner
- Galvaniseure
- Metall- und Glockengießer
- Präzisionswerkzeugmechaniker
- Gold- und Silberschmiede
- Modellbauer
- Holzbildhauer
- Korb- und Flechtwerkgestalter
- Maßschneider
- Textilgestalter (Sticker, Weber, Klöppler, Posamentierer, Stricker)
- Modisten
- Segelmacher
- Kürschner
- Schuhmacher
- Sattler und Feintäschner
- Müller
- Brauer und Mälzer
- Weinküfer
- Textilreiniger
- Wachszieher
- Gebäudereiniger
- Feinoptiker
- Glas- und Porzellanmaler
- Edelsteinschleifer und -graveure
- Fotografen
- Buchbinder
- Print- und Medientechnologen (Drucker, Siebdrucker, Flexografen)
- Keramiker
- Klavier- und Cembalobauer
- Handzuginstrumentenmacher
- Geigenbauer
- Bogenmache
- Metallblasinstrumentenmacher
- Holzblasinstrumentenmacher
- Zupfinstrumentenmacher
- Vergolder
- Holz- und Bautenschützer (Mauerschutz und Holzimprägnierung in Gebäuden)
- Bestatter
- Kosmetiker
Ausübungsberechtigung: Voraussetzungen, Eintragung und Kosten
In den Bereichen der zulassungsfreien Handwerke und handwerksähnlichen Gewerbe ist es möglich, sich eigenständig zu etablieren, ohne zusätzliche Zulassungsbedingungen erfüllen zu müssen. Allerdings ist es erforderlich, die Ausübung dieser Tätigkeit umgehend bei der Handwerkskammer zu melden. Nach Einreichung des Antrags auf Eintragung wirst Du in eines der oben erwähnten Verzeichnisse aufgenommen.
Die Kosten für die Eintragung können je nach Handwerkskammer variieren und liegen ungefähr im Bereich von 100 € bis 400 €. Für genaue Informationen zu den Gebühren in Deinem speziellen Fall solltest Du Dich bei Deiner zuständigen Handwerkskammer erkundigen.
Gründung oder Übernahme eines Handwerksbetriebs?
Die Gründung eines zulassungsfreien Handwerksbetriebs erfordert eine gründliche Planung. Neben den rechtlichen und finanziellen Aspekten ist auch die persönliche Eignung entscheidend. Hierbei raten wir Dir, eine professionelle Gründerberatung in Anspruch zu nehmen, um den Prozess reibungslos zu gestalten.
Du willst einen existierenden Handwerksbetrieb übernehmen? Dann musst Du vorher wissen, ob es sich um ein zulassungsfreies Handwerk handelt, in dem der Betrieb agiert. Wenn ja, steht dem nichts im Wege. Du kannst unter Umständen sogar als Geselle aktiv werden. Beantrage einfach Deine Ausübungsberechtigung bei der Handwerkskammer.
Anders sieht es bei den Betrieben aus, die in einem meisterpflichtigen Gewerk tätig sind. Hier erfolgt oftmals die Übergabe eines Betriebs an Mitarbeiter mit umfangreicher Berufserfahrung. Die Praxiserfahrung kann in gewissen Fällen sogar den Meisterbrief ersetzen (siehe Ausnahmen). Aber was, wenn nicht genug Erfahrung vorliegt? Dann existiert die Möglichkeit, einen Betriebsleiter anzustellen, der bereits im Besitz eines Meistertitels ist.
Lies mehr zum Thema Betriebsübernahmen im Handwerk!
Selbständig ohne Meisterbrief: Vor- und Nachteile
Die Selbstständigkeit ohne einen Meistertitel kann seine Vorteile haben. Wir zeigen Dir die Vor- und Nachteile auf.
Vorteile
- Ohne die Notwendigkeit eines Meisterabschlusses stehen Dir mehr berufliche Möglichkeiten offen.
- Der Erwerb eines Meisterbriefs erfordert beträchtliche Investitionen in Form von Zeit und Geld für die Weiterbildung und Prüfungen. Bei einem zulassungsfreien Handwerk hast Du dieses Problem nicht.
- Ohne die Notwendigkeit eines Meisterbriefs können Personen schneller in den Markt eintreten und ihre Dienstleistungen anbieten.
Nachteile
- Ohne die strengen Anforderungen des Meisterbriefs könnte die Qualität mancher Dienstleistungen leiden.
- Nicht-Meister haben oftmals mit verstärkter Konkurrenz zu kämpfen, da der Meisterbrief für eine hohe fachliche und unternehmerische Qualifikation steht.
- In einigen Regionen sind bestimmte Förderungen, Zuschüsse oder öffentliche Aufträge nur für Betriebe mit Meisterbrief zugänglich. Dies könnte die Möglichkeiten zur Finanzierung und Geschäftsentwicklung einschränken.
Ausnahmen für den Meistertitel im Handwerk
Es gibt einige Sonderfälle, in denen es möglich ist, sich ohne einen Meister trotz einer bestehenden Meisterpflicht selbstständig zu machen. Dazu zählen die drei folgenden Fälle:
- Betriebe, die bereits vor 2020 eigenständig ohne Meister tätig waren, behalten ihre Selbstständigkeit aufgrund des sogenannten Bestandsschutzes. Es ist für sie nicht erforderlich, im Nachhinein einen Meisterbrief zu erwerben.
- Eine weitere Ausnahme bildet die Regelung für erfahrene Gesellen, die als Altgesellen gelten. Diese Regelung betrifft Facharbeiter, die eine abgeschlossene Ausbildung und mindestens sechs Jahre Berufserfahrung haben, wovon sie mindestens vier Jahre in leitender Position tätig waren.
- Zusätzlich ist es erlaubt, einen Betriebsleiter anzustellen, der bereits im Besitz eines Meistertitels ist. Es existiert keine gesetzliche Anforderung, dass der Betriebsinhaber selbst einen Meistertitel haben muss. Dies eröffnet auch Handwerkern in meisterpflichtigen Berufen wie Malern und Lackierern, Garten- und Landschaftsbauern oder Elektrikern die Möglichkeit, eigenständig ohne einen Meister zu arbeiten.
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Unser Fazit
Der Meisterbrief steht traditionell für die höchste Qualifikation im Handwerk. Viele Gewerke erfordern ihn, um einen Betrieb zu führen oder Lehrlinge auszubilden. Allerdings wurden einige Handwerke von dieser Pflicht befreit und gelten als zulassungsfreie Handwerke. Hier kannst Du auch ohne Meisterbrief selbstständig arbeiten. Diese Option erweitert berufliche Möglichkeiten und erfordert weniger Investitionen. Allerdings mit der Gefahr, dass Qualität und Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Arbeit darunter leiden.
Sonderfälle erlauben es sogar, trotz eigentlicher Meisterpflicht ohne den Titel selbstständig zu sein – bspw. mit ausreichend Berufserfahrung in leitender Position.
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